Feinabstimmung von Signalwegen ist komplexer als gedacht

Die Regulation von GFAT1 eröffnet neue Einsichten in die Feinheiten der Proteinregulation

7. April 2021

Fast alle wichtigen Aufgaben in unseren Körperzellen werden von tausenden Proteinen übernommen. Im Alter verklumpen diese Proteine jedoch zunehmend, wodurch das Risiko ansteigt, an Krankheiten wie Alzheimer und Parkinson zu erkranken. Seit dem Jahr 2014 erforscht die Forschungsgruppe um Martin Denzel am Max-Planck-Institut für Biologie des Alterns das Protein GFAT1 im Fadenwurm Caenorhabditis elegans und in Säugerzellen. GFAT1 kontrolliert den Abbau verklumpter Proteine in den Zellen und beeinflusst dadurch Gesundheit und Lebensspanne im Fadenwurm. Jetzt stießen die Forschenden bei weiteren Untersuchungen von GFAT1 auf eine neue Ebene der Proteinregulation.

Im Jahr 2014 entdeckte Forschungsgruppenleiter Martin Denzel das Protein GFAT1 als zentralen Regulator eines Signalweges, der den Stoffwechsel von Zuckern, Aminosäuren, Fettsäuren und DNA-Bausteinen koordiniert und damit die Lebensspanne von Fadenwürmern unmittelbar beeinflusst. Entscheidend an diesem sogenannten Hexosamin-Signalweg ist seine Regulierung: über den Signalweg wird ein Stoffwechselprodukt erzeugt, welches selbst wieder an GFAT1 bindet und somit seine eigene Produktion begrenzt. Man spricht auch von einem Rückkopplungseffekt. Wird diese Regulierung außer Kraft gesetzt, führt dies zur erhöhten Aktivität des Hexosamin-Signalwegs. Dadurch gibt es weniger verklumpte Proteine in den Würmern und diese leben länger.

Eine neue Mutation in GFAT1 erhöht die Aktivität des Hexosamin-Signalwegs

In einer neuen Studie beschreiben die Wissenschaftler*innen um Martin Denzel eine Mutation im Protein GFAT1 – auch diese sorgt für eine erhöhte Aktivität des Hexosamin-Signalwegs. „Wenn man von Mutationen spricht, denkt man automatisch daran, dass diese die Funktion oder Aktivität eines Proteins beeinträchtigen. Es gibt aber auch Mutationen, die die Aktivität eines Proteins oder eines bestimmten, damit verbundenen Signalwegs erhöhen. Um so einen Fall handelt es sich bei der von uns jetzt entdeckten Mutation in GFAT1“, erklärt Martin Denzel. „Unsere Experimente zeigten, dass die Mutation in GFAT1 die Rückkopplung des Hexosamin-Signalwegs einschränkt. Normalerweise verringern hohe Mengen eines im Hexosamin-Signalwegs hergestellten Stoffwechselprodukts die Aktivität von GFAT1. Das war nun nicht mehr der Fall“, ergänzt Sabine Ruegenberg, Erstautorin der Studie.

Die Regulierung von GFAT1 ist um eine Ebene komplexer als gedacht

Aber diese Entdeckung war nur eine Hälfte des Rätsels um die neu entdeckte GFAT1 Mutation. Zahlreiche Proteine werden in unseren Zellen nachträglich leicht modifiziert. Kleine chemische Veränderungen werden vorgenommen, die die Aktivität eines Proteins herabsetzen oder erhöhen können. „GFAT1 wird an mehreren Stellen chemisch modifiziert. Die von uns neu entdeckte Mutation liegt genau an einer solchen Stelle und verhindert die chemische Modifikation von GFAT1 an dieser Position“, sagt Sabine Ruegenberg. „Das neue an unserer Entdeckung ist, dass diese chemische Veränderung an GFAT1 die Rückkopplung des Hexosamin-Signalwegs kontrolliert. In einer ersten Ebene wird der Hexosamin-Signalweg über ein gebildetes Stoffwechselprodukt reguliert, das wiederum die Aktivität von GFAT1 einschränkt und somit seine eigene Menge begrenzt. In einer zweiten Ebene wird dieser Rückkopplungseffekt über eine chemische Modifikation an GFAT1 inaktiviert. Das ist neu!“ Die Ergebnisse der Forschenden zeigen, dass auch auf zellulärer Ebene gilt: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser!

 „In komplexen Organismen müssen viele Informationen integriert und der Stoffwechsel entsprechend angepasst werden. Die Aktivität einzelner Stoffwechselwege muss also genauestens ausbalanciert werden“, so Forschungsgruppenleiter Martin Denzel. „Die Feinabstimmung eines bereits bestehenden Regulationsmechanismus, in unserem Fall also des Rückkopplungseffekts des Hexosamin-Signalwegs, ist ein eleganter Weg, um dieses Ziel zu erreichen.“ Die Entdeckung dieses Mechanismus eröffnet einen völlig neuen und bemerkenswerten Einblick in die Proteinregulation.“

Erfahren Sie mehr über die Arbeit in der Forschungsgruppe Denzel.

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