Winzige Röhrchen im Gehirn

Immunzellen des Gehirns bilden Brücken zu Nervenzellen und schützen vor neurodegenerativen Erkrankungen

Wenn Nervenzellen im Gehirn absterben, entstehen Krankheiten wie Alzheimer und Parkinson. Um diese Zellen zu schützen, gibt es im Gehirn Immunzellen, die so genannten Mikroglia. Eine Studie von Forschenden des Max-Planck-Instituts für Biologie des Alterns, der Universität Bonn und des Luxembourg Centre for Systems Biomedicine hat nun gezeigt, dass die Mikroglia winzige Röhrchen, so genannte „Tunneling Nanotubes“, bilden und sich so direkt mit den Nervenzellen verbinden. Über die Röhrchen können die Mikroglia sowohl schädliche Proteine abtransportieren als auch lebenswichtige Stoffe zuführen. Diese Erkenntnisse sind wichtig für die Behandlung neurodegenerativer Erkrankungen.

Bei Krankheiten wie Parkinson und Alzheimer bilden sich in den Neuronen schädliche Eiweißklumpen. Bisher wurde angenommen, dass Mikroglia diese Klumpen erst aufnehmen nachdem abgestorbene Nervenzellen diese freisetzen. „Wir wissen schon lange, dass die Mikroglia diese giftigen Proteine aufräumt, sobald sie sich gelöst haben“, sagt Hannah Scheiblich, Forschungsgruppenleiterin am Max-Planck-Institut für Biologie des Alterns und Hauptautorin der Studie.

Austausch über Röhrchen

Die neue Studie zeigt, dass Mikroglia die Röhrchen nutzen können, um diese schädlichen Proteine direkt aus den Neuronen zu entfernen, bevor sie schwere Schäden verursachen. Außerdem schicken die Mikroglia durch diese Röhrchen gesunde Mitochondrien, die sogenannten Kraftwerke der Zellen, an gestresste Neuronen, wodurch der Stress reduziert wird und die Neuronen trotz Krankheit besser funktionieren. Mitautor Frederik Eikens fügte hinzu: „Wir sind begeistert von diesen Ergebnissen und dem Potenzial, direkt in die Gesundheit der Neuronen einzugreifen, indem wir die natürlichen Funktionen der Mikroglia verbessern.“

Die Studie ergab auch, dass bestimmte genetische Mutationen in Mikroglia die Bildung und Funktion der Röhrchen beeinträchtigen. Diese Mutationen sind mit einem höheren Risiko für neurodegenerative Erkrankungen verbunden, was darauf hindeutet, dass Probleme bei der Röhrchen-Bildung zu diesen Krankheiten beitragen könnten. „Unsere nächsten Schritte werden sich darauf konzentrieren, zu verstehen, wie diese Röhrchen gebildet werden und Wege zu finden, diesen Prozess bei Krankheiten anzukurbeln“, sagt Mitautorin Lena Wischhof.

„Diese Erkenntnisse verändern unser Verständnis davon, wie Mikroglia die Gesundheit des Gehirns unterstützen", so Hannah Scheiblich und Michael T. Heneka vom Luxembourg Centre for Systems Biomedicine. Durch den Nachweis, dass die Mikroglia mit Hilfe der Röhrchen die Gesundheit der Nervenzellen aktiv aufrechterhalten, haben sie neue potenzielle Wege zur Behandlung neurodegenerativer Erkrankungen aufgezeigt. Das Forschungsteam wird sich nun darauf konzentrieren, mehr über die Bildung dieser Röhrchen zwischen Zellen zu erfahren und Therapien zu entwickeln, die die Unterstützung der Neuronen durch die Mikroglia verbessern.

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