Erste Schritte auf dem akademischen Weg

Hans-Georg Sprenger und Melanie Mittenbühler über ihren Postdoc in den USA

Hans-Georg Sprenger (Alumni der Langer Gruppe am MPI für Biologie des Alterns) und Melanie Mittenbühler (Alumni der Brüning Gruppe am MPI für Stoffwechselforschung) haben sich beide nach Abschluss ihrer Doktorarbeiten in Köln für eine akademische Karriere entschieden. Melanie und Hage arbeiten derzeit als Postdocs an der Harvard Medical School und am Massachusetts Institute of Technology in den USA mit dem festen Plan, in Zukunft als Gruppenleiter*innen und Professor*innen tätig zu sein.

Melanie und Hage, was ist während eurer Promotion passiert und hat dazu geführt, dass ihr euch für eine akademische Laufbahn und nicht für einen anderen Karriereweg entschieden habt? Gab es damals irgendwelche Zweifel?  

Für uns beide ist die Arbeit an grundlegenden und offenen biologischen Fragstellungen und das Lernen, wie man eigene Experimente zu diesen Fragen entwirft, einzigartig in der akademischen Wissenschaft und hat uns stets sehr fasziniert. Darüber hinaus bietet die akademische Forschungslandschaft die Möglichkeit, in interdisziplinären und internationalen Teams mitzuwirken und relativ einfach im Ausland zu leben und zu arbeiten. Dies und die Chance mit etablierten Wissenschaftler*innen zusammenzuarbeiten und von ihnen zu lernen, hat uns dazu bewogen, eine akademische Laufbahn einzuschlagen. Die Arbeit in einem Labor kann sehr erfüllend sein und gleichzeitig manchmal sehr frustrierend. Diese Phasen, die eine hohe Frustrationstoleranz und Ausdauer erfordern, lassen einen natürlich darüber nachdenken, ob man das wirklich für den Rest seines Lebens tun möchte... Aber wenn uns dann gelingt, eine kleine Entdeckung zu machen und einen Schritt weiter zu kommen, fühlt sich das für uns so großartig an, dass wir damit für die weniger fruchtbaren Phasen entschädigt werden.

Nachdem ihr beide beschlossen hattet, eure Wissenschaftskarriere fortzusetzen: Wie ging es weiter? Gab es irgendwelche Hindernisse während des Bewerbungsprozesses? Habt ihr irgendwelche Tipps für Doktorand*innen, die sich auf akademische Stellen bewerben möchten?

Wir haben beide nach neuen Laboren gesucht, in denen wir an Themen arbeiten, die uns am meisten interessieren. Es war auch wichtig für uns, Mentor*innen zu finden, die eine gute Erfolgsbilanz bei der Betreuung ihrer Mentees haben. Der schwierigste und stressigste Teil der Vorstellungs- und Einarbeitungsphase bestand darin, den ganzen Papierkram und die Stipendienanträge zu bewältigen, während wir noch in den Laboren unserer Doktorarbeit gearbeitet haben. Das Gespräch mit so vielen zukünftigen Labormitgliedern wie möglich zu suchen half uns während des Interviewprozesses bei unserer Entscheidung. Auch die frühzeitige Information über mögliche Stipendien und die jeweiligen Bewerbungskriterien, wie z. B. Fristen, kann ein guter Rat für alle sein, die einen Postdoc machen wollen.

Woran arbeitet ihr jetzt als Postdoc? Habt Ihr euer Traumprojekt gefunden? Gab es irgendwelche Hindernisse auf dem Weg dorthin?

Melanie interessiert sich für Proteine, die von der Skelettmuskulatur abgesondert werden, und ihre systemischen Auswirkungen bei Gesundheit und Krankheit, während Hage herauszufinden versucht, wie Mitochondrien die Fähigkeit unseres Körpers steuern, verschiedene Nährstoffe zur Erzeugung von Biomasse und Energie zu nutzen. Wir sind der Meinung, dass sich beide Projekte mit faszinierenden Fragen befassen, aber das Tolle an der Biologie ist eben ihre Vielseitigkeit, und deshalb gibt es viele verschiedene Projekte, an denen wir beide mit Interesse arbeiten könnten.
Die bürokratischen Hürden im akademischen Bereich, wie z. B. die Tatsache, dass man sich nicht für die nächste Stelle oder Finanzierung bewerben kann, wenn die Promotion zu lange zurückliegt, und die zeitlichen Beschränkungen der Arbeitsverträge sind für uns frustrierend und auch beängstigend. Wenn wir uns entscheiden, einen anderen Karriereweg einzuschlagen, dann wegen dieser Regeln.

Fällt es euch schwer, euch an das Leben in einem neuen Land anzupassen? Was sind eurer Meinung nach die Hauptunterschiede zwischen der Arbeit in einem Labor in Deutschland und in einem US-amerikanischen Labor/Konzern? Wie sieht es mit eurem sozialen Leben aus, insbesondere während der Pandemie?

Wir sind während einer Pandemie in die USA gezogen- das war eine totale Ausnahmesituation. Schon deshalb war es definitiv eine ganz besondere Zeit für uns. In einem neuen Land zu leben und sich an eine andere Kultur anzupassen, kann in Zeiten sozialer Distanz und fehlender gesellschaftlicher Veranstaltungen eine wirkliche Herausforderung sein. Aber nach Überwindung dieser anfänglichen Hürden müssen wir zugeben, dass es bisher eine großartige Erfahrung war, die nicht nur unseren wissenschaftlichen Horizont erweitert hat, sondern uns auch als Person wachsen ließ. Mit der Zeit lernten wir viele andere Wissenschaftler*innen kennen und schlossen neue Freundschaften fürs Leben. Die Anzahl und Dichte der Forschungslabore, Wissenschaftler*innen und Biotech-Unternehmen in Boston und Cambridge schafft ein interdisziplinäres Umfeld und eine inspirierende Atmosphäre. Ein Unterschied, der uns aufgefallen ist, besteht darin, dass die Verbindung zwischen der akademischen Wissenschaft und den Biotech-Unternehmen hier in den USA viel weiterentwickelt ist; unserer Meinung nach sind die Wissenschaftler*innen hier offener, beide Karrierewege zu verfolgen und zu unterstützen.

Habt ihr schon Zukunftspläne? Wann und wie werdet ihr anfangen, euch für Gruppenleitungspositionen zu bewerben? Erhaltet ihr Unterstützung bei euren nächsten Schritten?

Wir lieben es beide, Wissenschaftler*in zu sein. Für uns ist klar, dass wir in Zukunft ein Forschungsteam leiten möchten. Da man es jedoch nicht immer selbst in der Hand hat, wird die Zeit zeigen, ob dies in einem akademischen oder eher in einem industriellen Umfeld wie in einem Biotech-Unternehmen geschehen wird. Wir haben damit begonnen, Möglichkeiten in Europa und den USA zu erkunden und zu diskutieren, doch im Moment liegt der Schwerpunkt darauf, unsere Forschungsprojekte als Postdocs fortzusetzen und erfolgreich abzuschließen. Unsere derzeitigen Mentoren haben uns bei der Planung und den Überlegungen zu den nächsten Schritten ungemein geholfen. Neben der kritischen Diskussion über Ergebnisse und Daten haben wir darüber hinaus auch gelernt, wie man ganze Forschungsprojekte plant und verwaltet. Dies legt unserer Ansicht nach, den Grundstein für eine Wissenschaftskarriere und eben nicht nur für die Arbeit an einer einzigen Veröffentlichung. Wir glauben, dass dies hilfreich sein wird, wenn wir uns in Zukunft um eine Stelle als Gruppenleiter*in bewerben.

Was glaubt ihr, ist wichtig für eine erfolgreiche Karriere im wettbewerbsintensiven Bereich der akademischen Forschung und was zeichnet euch besonders dafür aus? Habt ihr beide einen Plan B für den Fall, dass ihr nicht Gruppenleiter*in werden wollt oder könnt?

Es wird viel über Leidenschaft und Talent gesprochen, wenn es um erfolgreiche Wissenschaftler*innen geht. Obwohl dies absolut hilfreich ist, glauben wir, dass es ebenso wichtig ist, zu lernen, wie man selbst ein(e) gute(r) Mentor*in ist. Um in der Lage zu sein, ein Team zu leiten, sollte man verschiedene Betreuungsstile und Forschungsumgebungen kennen gelernt haben, um die Bedürfnisse der eigenen Mentees besser verstehen zu können. Darüber hinaus halten wir es für wichtig, kritisch gegenüber und gleichzeitig begeistert von der eigenen Forschung zu sein. Wir glauben, dass unsere eigene Ausbildung in Köln und hier in Boston uns geholfen hat, genau diese Fähigkeiten zu erwerben und uns auf eine zukünftige Karriere als Gruppenleiter*in vorzubereiten. Was Plan B angeht? Da sind wir beide offen für eine Karriere als Wissenschaftler*in in der akademischen Welt oder im industriellen Biotech-Sektor. Daher sind wir optimistisch, dass es für uns beide klappen wird.

Ein Beitrag von Daniela Morick.

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