Was sind „Blue Zones“?
Der Begriff „Blue Zone“ soll die Regionen der Erde beschreiben, in denen die Menschen überdurchschnittlich lange und gesund leben. Die Zonen werden auch als ein begrenztes und homogenes geografisches Gebiet definiert, in dem die Bevölkerung den gleichen Lebensstil und die gleiche Umwelt teilt. Der Begriff wurde erstmals 2005 von Dan Buettner geprägt. Er wurde gewählt, weil die Autoren damals einen blauen Stift auf einer Karte verwendeten, um Dörfer mit langlebiger Bevölkerung zu markieren. [Buettner & Skemp 2016, Poulain et al. 2013].
Derzeit werden fünf Regionen als „Blue Zones“ betrachtet:
- Okinawa (Japan)
- Sardinien (Italien)
- Nicoya Halbinsel (Costa Rica)
- Ikaria (Griechenland)
- Loma Linda (Kalifornien, USA)
Alle fünf Regionen weisen laut Buettner bestimmte kulturelle Gemeinsamkeiten auf, die als Erklärung für ein langes und gesundes Leben herangezogen werden. Dazu gehören
- pflanzenbasierte Ernährung
- moderate Kalorienzufuhr
- geringer Tabak- und Alkoholkonsum
- regelmäßige körperliche Bewegung
- starke soziale Bindungen
Das Konzept der „Blue Zones“ wird von Buettner mit seiner Marketingfirma Blue Zones LLC kommerziell verwertet.
Kritik am „Blue Zones“-Konzept
Das Konzept der „Blue Zones“ ist in die Kritik geraten. Es wird bemängelt, dass die Daten zu Lebenserwartung und Gesundheit in diesen Regionen nicht immer zuverlässig oder gut dokumentiert sind. Außerdem wird kritisiert, dass sich die „Blue Zone“-Diät nicht wesentlich von der mediterranen Ernährung unterscheidet und dass kommerzielle Interessen hinter der Berichterstattung über die „Blue Zones“ stehen [Hall, 2021].
Darüber hinaus ist die Lebenserwartung auf der Insel Okinawa inzwischen niedriger als auf dem japanischen Festland. Forschende führen dies auf die zunehmend westliche Ernährung auf der Insel zurück [Gavirolova & Gavrilov, 2012].
Was ist wissenschaftlich nachgewiesen?
Die Daten aus den Blue-Zone-Beobachtungen reichen in der Regel nicht aus, um wissenschaftlich gesicherte Aussagen zu treffen. Trotz der berechtigten Kritik am Blue-Zone-Konzept lassen sich jedoch einige der dort beschriebenen Faktoren in der Grundlagenforschung am Modellorganismus hinsichtlich ihres positiven Einflusses auf die Lebenserwartung relativ gut nachweisen - und zwar seit langem und unabhängig vom Blue-Zone-Konzept (siehe auch https://www.age.mpg.de/wie-wird-man-gesund-alt).
So spielt z.B. eine ausgewogene Ernährung eine Rolle für die Lebenserwartung, was in vielen Modellorganismen wissenschaftlich belegt ist. So kann eine darmgesunde Ernährung mit ausreichend Ballaststoffen und Prä-/Probiotika das bakterielle Mikrobiom im Darm erhöhen [Heiman & Greenway, 2016]. Eine höhere Diversität des Darmmikrobioms führt in Modellorganismen wie dem Killifisch nachweislich zu einer Verlängerung der Lebensspanne [Smith et al., 2017].
Auch eine Kalorienreduktion kann unter Forschungsbedingungen in verschiedenen Modellorganismen die Lebensspanne verlängern [Green et al. 2021]. Es muss jedoch darauf hingewiesen werden, dass solche Maßnahmen nicht direkt auf den Menschen übertragbar sind - hier spielen viele persönliche Faktoren eine Rolle. In Modellorganismen hängt der positive Effekt z.B. stark von genetischen Faktoren, dem biologischen Geschlecht und der Stärke der Kalorienreduktion ab und kann sich auch ins Negative umkehren [Mitchell et al. 2016].
Ob und inwieweit die beschriebenen Effekte tatsächlich die Lebenserwartung von Menschen in Blue Zones beeinflussen, muss noch hinreichend wissenschaftlich belegt werden.
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Quellenangaben:
- Buettner, D., Skemp, S., Blue Zones: Lessons From the World's Longest Lived. Am J Lifestyle Med, 2016. 10(5): p. 318-321.
- Poulain, M., Herm, A., Pes, G., The Blue Zones: areas of exceptional longevity around the world, Vienna Yearbook of Population Research, 2013 (Vol. 11), pp. 87–108
- Hall, H., Blue Zones Diet: Speculation Based on Misinformation, Science-Based Medicine, 2021
- Gavrilova, N. S., Gavrilov, L. A., Comments on dietary restriction, Okinawa diet and longevity. Gerontology. 2012;58(3):221-226.
- Heiman, M.L., Greenway, F.L., A healthy gastrointestinal microbiome is dependent on dietary diversity. Mol Metab, 2016. 5: p. 317-320.
- Smith, P., Willemsen, D., Popkes, M., Metge, F., Gandiwa, E., Reichard, M., Valenzano, D.R., Regulation of life span by the gut microbiota in the short-lived African turquoise killifish. eLife, 2017. 6: e27014.
- Green, C.L., Lamming, D.W., Fontana, L., Molecular mechanisms of dietary restriction promoting health and longevity. Nat Rev Mol Cell Biol, 2022. 23: p. 56-73.
- Mitchell, S.J., Madrigal-Matute, J., Scheibye-Knudsen, M., Fang, E., Aon, M., González-Reyes, J.A., Cortassa, S., Kaushik, S., et al., Effects of Sex, Strain, and Energy Intake on Hallmarks of Aging in Mice. Cell Metab, 2016. 23: p. 1093-1112.