Wie altern wir? Die Kennzeichen des Alterns

In der Forschung wird viel über die Mechanismen diskutiert, die zum Alterungsprozess beitragen. Weitgehend unstrittig ist, dass Schäden an Erbsubstanz, Zellen und Geweben, die sich mit zunehmendem Alter häufen und vom Körper nicht mehr repariert werden können, für den altersbedingten Funktionsverlust verantwortlich sind. Was diese Schäden auf molekularer Ebene verursacht und warum sie bei jungen, aber nicht bei alten Lebewesen repariert werden können, ist weit weniger klar.

Um den Alterungsprozess besser zu charakterisieren, haben Forschende begonnen, die zellulären und molekularen Kennzeichen des Alterns zu identifizieren und zu kategorisieren [López-Otín et al. 2013 & 2023, Kennedy et al. 2014]. Es wird allgemein angenommen, dass verschiedene Kennzeichen zum Alterungsprozess beitragen und zusammen die beobachtbaren Merkmale des Alterns bestimmen. Ein entsprechender Prozess wird als Kennzeichen des Alterns betrachtet, wenn seine Verschlechterung zu vorzeitigem Altern führt, während seine Verbesserung die Gesundheit während des Alterns fördert und die Lebensspanne verlängert.

Die Kennzeichen des Alterns:

1. Genomische Instabilität

Unser genetisches Material, die DNA, wird ständig durch äußere und innere Faktoren geschädigt. Zu diesen schädlichen Faktoren gehören die UV-Strahlung des Sonnenlichts oder reaktive Sauerstoffspezies, die in unseren Mitochondrien entstehen. Man schätzt, dass unsere DNA täglich bis zu einer Million Mal beschädigt wird. Die meisten dieser Schäden werden sofort repariert, da die Zellen über effiziente Erkennungs- und Reparaturmechanismen verfügen. Diese Reparaturprozesse sind jedoch nicht perfekt, und ein kleiner Prozentsatz der Schäden bleibt unrepariert. Daher häufen sich im Laufe des Alterns die DNA-Schäden an, die verschiedene negative Auswirkungen haben können. DNA-Mutationen erhöhen das Risiko des Tumorwachstums, so dass unser Krebsrisiko mit dem Alter zunimmt [Roos et al. 2016, Nicolai et al. 2015]. DNA-Schäden können aber auch zu einer verminderten Zellfunktion führen oder die Zellen sogar in die Seneszenz treiben, was zu einer verminderten Organfunktion im Alter beiträgt. 

Daran forschen bei uns die Max-Planck-Forschungsgruppe Panier und die Max-Planck-Forschungsgruppe Jachimowicz.

2. Verschleiß der Telomere

Telomere sind die Schutzkappen an den Enden der Chromosomen des menschlichen Erbguts. Sie sind vergleichbar mit den verschlossenen Enden eines Schnürsenkels und halten unsere Chromosomen intakt. Bei jeder Zellteilung geht ein Stück der Telomere verloren, so dass sich die Chromosomenenden kürzer werden, je mehr Zellen sich teilen und je älter wir werden. Ist eine bestimmte Länge erreicht, gehen die Zellen in eine Ruhephase über und teilen sich nicht mehr. Diese Zellen können dann absterben oder sogar Entzündungen verursachen, die den Alterungsprozess beschleunigen und Krankheiten auslösen [Aubert et al. 2008]. Ein spezielles Enzym, die Telomerase verhindert die Verkürzung der Telomere und kann ihre Länge sogar wiederherstellen. Mit Ausnahme der Keimbahn exprimieren die meisten Zellen unseres Körpers jedoch keine Telomerase. Dies dient als Vorsichtsmaßnahme gegen die Entwicklung von Krebszellen, die sich durch eine hohe Aktivität von Telomerase auszeichnen, die ihnen hilft unsterblich zu werden [Jaskelioff et al. 2011, Djojosubroto et al. 2003]. 

An Telomeren und Alterung forscht bei uns die Max-Planck-Forschungsgruppe Panier.

3. Epigenetische Veränderungen

Unser Genom besteht aus mehr als 3 Milliarden Buchstaben, den so genannten Nukleotid-Basen-Paaren, die den Bauplan unseres Körpers kodieren. Die Information in der DNA ist jedoch nicht nur in den Basenpaaren gespeichert, sondern auch in chemischen Veränderungen dieser Buchstaben und der Histonproteine, die unsere DNA verpacken. Die Summe dieser chemischen Veränderungen wird als Epigenom bezeichnet. Im Gegensatz zur genetisch kodierten Information, die sehr stabil ist, ist das Epigenom sehr dynamisch und verändert sich als Reaktion auf Ernährung, Medikamente oder Stress, damit sich die Zelle an Umweltveränderungen anpassen kann. Das Epigenom verändert sich auch mit dem Alter [Booth et al. 2016, Zhang et al. 2020]. In diesem Zusammenhang ist eine bestimmte Modifikation, die so genannte DNA-Methylierung, von Bedeutung. Unsere DNA trägt Millionen kleiner Methylgruppen, und dieses Muster verändert sich mit dem Alter gewebespezifisch.

Erstaunlicherweise reicht jedoch das DNA-Methylierungsmuster von nur 350 Methylierungsstellen aus, um das biologische Alter eines Menschen vorherzusagen [Horvath 2013]. Diese so genannte epigenetische Uhr ist inzwischen zu einem wichtigen Instrument als Biomarker geworden, mit dessen Hilfe beurteilt werden kann, ob sich eine bestimmte Intervention positiv auf die Gesundheit und das Überleben des Menschen auswirkt, ohne Jahre oder gar Jahrzehnte warten zu müssen. Ob Veränderungen der DNA-Methylierung während des Alterns eine ursächliche Rolle spielen, ist noch unklar. Es hat sich jedoch gezeigt, dass Veränderungen in der Modifikation von Histonproteinen die Lebensspanne von Hefe, Würmern und Fliegen beeinflussen, was darauf hindeutet, dass das Epigenom nicht nur als Biomarker dient, sondern auch eine kausale Rolle im Alterungsprozess spielen könnte. 

An epigenetischen Veränderungen im Alter forscht bei uns die Forschungsgruppe Matic und forschte bei uns die Max-Planck-Forschungsgruppe Tessarz.

4. Verlust der Proteostase

Proteine sind die wichtigsten Moleküle in unseren Zellen, sie katalysieren die meisten biochemischen Reaktionen und sind wichtig für die zelluläre Signalübertragung und Stabilität. Damit die Zellen richtig funktionieren können, müssen die Proteine in einem guten Zustand gehalten werden, ein Prozess, der als Proteinhomöostase, kurz Proteostase, bezeichnet wird. Um die Proteostase aufrechtzuerhalten, verfügen Zellen über mehrere Systeme, die die Synthese, die Faltung und den Abbau von Proteinen regulieren. Falsch gefaltete und beschädigte Proteine werden hauptsächlich durch das Proteasom oder über einen Recyclingprozess, die Autophagie, abgebaut [Hartl et al. 2011].

Der Alterungsprozess ist durch einen Verlust der Proteostase gekennzeichnet, was zu einer Anhäufung von geschädigten und nicht funktionsfähigen Proteinen führt [Hipp et al. 2019]. Falsch gefaltete Proteine können verklumpen und Aggregate bilden, ein charakteristisches Merkmal vieler altersbedingter neurodegenerativer Erkrankungen wie Alzheimer und Parkinson [Hartl 2017]. Wichtig ist, dass ein verbesserter Proteinumsatz durch Aktivierung des Proteasoms oder der Autophagie ausreicht, um die Lebensspanne in Modellorganismen zu verlängern, was die Bedeutung der Proteostase für den Alterungsprozess zeigt.

An diesem Thema forschen bei uns die Abteilungen Antebi und Langer.

5. Gestörte Wahrnehmung von Nährstoffen

Die Auswirkungen dessen, was und wie viel Tiere essen, auf ein gesundes Altern sind gut erforscht. Eine reduzierte Nahrungsaufnahme ohne Unterernährung, die so genannte Ernährungsrestriktion (DR), verlängert die Lebensspanne und verbessert die Gesundheit bei einer Vielzahl von Organismen, von Würmern und Fliegen bis hin zu Mäusen und Rhesusaffen [Ke et al. 2020, Sohal et al. 1994, Piper et al. 2011]. Auch beim Menschen hat die DR auch beim Menschen nachweislich positive Auswirkungen auf die Gesundheit [Rizza et al. 2014, Heilbronn et al. 2003, Fontana et al. 2015]. Ursprünglich wurde vermutet, dass die gesundheitlichen Vorteile der DR auf eine verringerte Kalorienaufnahme zurückzuführen sind. Neuere Studien deuten jedoch darauf hin, dass die Reduzierung bestimmter Nahrungsbestandteile, insbesondere von Eiweiß, und die mit der DR-Behandlung verbundenen Fastenzeiten wichtiger sind [Soultoukis et al. 2016]. 

Zellen müssen ihr Wachstum und ihren Stoffwechsel an die Verfügbarkeit von Nährstoffen anpassen. Dazu verfügen sie über so genannte Nährstoffsensorwege, die entweder über Hormone oder über spezifische Nährstoffkomponenten den Nährstoffstatus der Umgebung erfassen und den Zellstoffwechsel entsprechend anpassen. Der Insulin- und der mTOR-Stoffwechselweg bilden zusammen ein zentrales Nährstoffsensornetzwerk in der Zelle, das auch mit den positiven Auswirkungen der DR in Verbindung gebracht wird [Hartl 2016, Swovick et al. 2018, Denzel et al. 2014]. Interessanterweise verlängert eine genetische oder pharmakologische Hemmung der Signalwege die Lebensspanne bei einer Vielzahl von Tieren, was sie zu einem guten Ziel für die Entwicklung von Anti-Ageing-Medikamenten macht [Castillo-Quan et al. 2019, Harrison et al. 2009, Fontana et al. 2010].

An verschiedenen Aspekten der Nährstoff-Signalwege in der Zelle forschen bei uns die Abteilung Antebi, die Max-Planck-Forschungsgruppe Demetriades und die Forschungsgruppe Deelen

6. Mitochondriale Fehlfunktion

Mitochondrien sind kleine Organellen in der Zelle, die nicht nur "Zellkraftwerke" sind, sondern auch eine zentrale Schaltstelle für Stoffwechselvorgänge in der Zelle darstellen. Sie erzeugen Energie mit Hilfe von Sauerstoff, ein Prozess, der als mitochondriale Atmung bezeichnet wird. Ein wichtiges Merkmal der Mitochondrien ist, dass sie ihre eigene DNA, die so genannte mtDNA, enthalten, die für Proteine kodiert, die für den Atmungsprozess benötigt werden. Eine wichtige Entdeckung, die die Mitochondrien in den Alterungsprozess einbezieht, war, dass Mäuse mit einer hohen Mutationsrate in ihrer mtDNA, so genannte mtDNA-Mutator-Mäuse, eine kurze Lebensdauer haben und Anzeichen einer vorzeitigen Alterung zeigen [Vermulst et al. 2008]. 

Mitochondrien sind auch die Hauptquelle reaktiver Sauerstoffspezies (ROS), die als Nebenprodukt der mitochondrialen Atmung entstehen. Diese freien Radikale können andere Makromoleküle wie DNA, Lipide und Proteine schädigen und sind daher potenziell schädlich für die Zelle. Lange Zeit galten ROS als Hauptverursacher des Alterungsprozesses, wie es die Theorie der freien Radikale nahelegt. Neuere Studien stellen diese Ansicht jedoch in Frage und legen nahe, dass ROS stattdessen als Signalmoleküle innerhalb der Zelle fungieren könnten. In gewisser Weise könnten erhöhte ROS-Werte sogar von Vorteil sein, da sie zelluläre Abwehr- und Reparaturmechanismen aktivieren. Tiere mit Mutationen in mitochondrialen Komplexen, die für die mitochondriale Atmung wichtig sind, sind oft langlebig [Dunn et al. 2015, Sies et al. 2020, Nunnari & Suomalainen 2012].     

An Mitochondrien und ihrer Rolle im Alterungsprozess forschen bei uns die Abteilung Langer, die Larsson-Gruppe und die Max-Planck-Forschungsgruppe Pernas.

7. Zelluläre Seneszenz

Akuter Stress oder die Anhäufung von Schäden im Laufe der Zeit können dazu führen, dass Zellen in einen Zustand eintreten, der als zelluläre Seneszenz bezeichnet wird. Seneszente Zellen hören auf, sich zu teilen, verlieren ihre ursprüngliche Funktion und beginnen, schädliche Moleküle freizusetzen, darunter entzündliche Zytokine, Wachstumsfaktoren und andere Moleküle. Wichtig ist, dass seneszente Zellen auch die umliegenden Zellen negativ beeinflussen und so zu einer eingeschränkten Organfunktion beitragen.

Es gibt mehrere Auslöser für die zelluläre Seneszenz, darunter die Verkürzung der Telomere, DNA-Schäden oder eine mitochondriale Dysfunktion. Seneszente Zellen häufen sich auch während des normalen Alterungsprozesses an, sowohl beim Menschen als auch bei Mäusen. Ein entscheidender Durchbruch in jüngster Zeit war die Entdeckung, dass die Entfernung seneszenter Zellen aus gealterten Mäusen durch genetische oder pharmakologische Behandlung die Gesundheit dieser Tiere verbessert und ihre Lebensspanne verlängert [Faragher et al. 2017]. Medikamente, die diese Zellen abtöten oder zum Schweigen bringen, werden als Senolytika bezeichnet und werden nun auf ihre mögliche positive Wirkung auf den Alterungsprozess beim Menschen getestet [Childs et al. 2017, Ming et al. 2018].

8. Erschöpfung der Stammzellen

Die meisten Zellen in unserem Körper verlieren die Fähigkeit, sich zu teilen, wenn sie ihre endgültige Identität erreicht haben, z. B. als Nerven- oder Hautzelle. Daher sind die meisten Organe auf so genannte Stammzellen angewiesen, um Gewebeschäden zu reparieren oder die Gewebeerneuerung zu fördern. Stammzellen haben die Fähigkeit, sich selbst zu teilen und sich in verschiedene Zelltypen zu differenzieren. Sie spielen eine wichtige Rolle bei der Gesunderhaltung unserer Organe und unseres Körpers. Das Altern wirkt sich in vielerlei Hinsicht negativ auf Stammzellen aus, und es wird vermutet, dass die Stammzellalterung selbst zur Gewebealterung beiträgt, insbesondere bei Geweben, deren Zellen sich häufig erneuern. Stammzellen können während des Alterns verloren gehen, was zu einer Erschöpfung der Stammzellen und einer verminderten Fähigkeit, Organschäden zu reparieren, führt [Goodell & Rando 2015].

Darüber konnte gezeigt werden, dass Stammzellen mit zunehmendem Alter ihr Differenzierungspotenzial verändern. Das bedeutet, dass sie in alten Organismen ein anderes Spektrum differenzierter Zellen hervorbringen als in jungen. Interessanterweise galt die Alterung von Stammzellen lange Zeit als unumkehrbar, doch neuere Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass es möglich sein könnte, alte Stammzellen zu verjüngen. So konnte gezeigt werden, dass die Injektion von Blutplasma junger Mäuse in alte Mäuse die Stammzellfunktion der alten Tiere verbessert [Villeda et al. 2014]. Die Verjüngung alter Stammzellen könnte daher ein Ansatz sein, um ein gesundes Altern zu ermöglichen.

An alternden Stammzellen forscht bei uns die Max-Planck-Forschungsgruppe Huppertz und forschte die Max-Planck-Forschungsgruppe Tessarz.

9. Veränderung der interzellulären Kommunikation

Die Zellen und Organe unseres Körpers altern nicht isoliert, sondern kommunizieren über Hormone, Zytokine und Stoffwechselprodukte miteinander. Dass diese interzelluläre Kommunikation eine wichtige Rolle im Alterungsprozess spielt, wurde in Experimenten gezeigt, bei denen der Blutkreislauf von jungen und alten Mäusen miteinander verbunden wurde, ein Ansatz, der als Parabiose bezeichnet wird. Alte Mäuse wurden durch dieses Verfahren teilweise verjüngt, während junge Mäuse Anzeichen einer vorzeitigen Alterung zeigten, was darauf hindeutet, dass es Faktoren im Blut gibt, die zur Alterung des gesamten Organismus beitragen [Villeda et al. 2014]. Darüber hinaus konnte gezeigt werden, dass gezielte lebensverlängernde Eingriffe in einem Gewebe die Alterung in anderen Geweben verzögern und damit die Lebensspanne verlängern können [Rando & Jones 2021, Fafian-Labora & O’Loghlen 2020].

10. Beeinträchtigte Autophagie

Die Autophagie ist eine Art Recyclingsystem der menschlichen Zelle. Dabei baut der Körper nicht benötigte und kranke Zellbestandteile ab und recycelt sie an anderer Stelle. Es gibt deutliche Hinweise darauf, dass die Autophagie für den Alterungsprozess relevant ist. Studien zeigen, dass beim Menschen die Aktivität von Genen, die an der Autophagie beteiligt sind, mit zunehmendem Alter abnimmt [Lipinski et al. 2010]. Außerdem beschleunigt die genetische Hemmung der Autophagie den Alterungsprozess in Modellorganismen [Cassidy et al. 2020]. Der Grund dafür könnte eine vermehrte Anhäufung von Proteinen und Zellbestandteilen sein, aber auch die Tatsache, dass Krankheitserreger nicht mehr so gut abgebaut werden können. Es gibt zudem zahlreiche Belege dafür, dass die Stimulierung des Autophagie die Lebenserwartung und Lebensdauer in Modellorganismen erhöht was die Bedeutung der Autophagie für den Alterungsprozess unterstreicht [Lu et al. 2021, Pyo et al. 2013].

In einer Veröffentlichung über Fruchtfliegen stimulierte Rapamycin die Autophagie, allerdings nur bei weiblichen Fruchtfliegen: https://www.age.mpg.de/83692/221129_pm_altern-frauen-anders-als-maenner_

11. Chronische Entzündung

Das Altern ist durch eine Zunahme von Entzündungen gekennzeichnet, die auch als "Inflammaging" bezeichnet wird. In jungen Jahren ist die Entzündung normalerweise eine direkte Reaktion auf eine Verletzung und wird abgeschaltet, sobald die Verletzung verheilt ist. In gealterten Geweben kommt es jedoch häufig zu chronischen Entzündungen auf niedrigem Niveau, die Gewebeschäden verursachen und an der Entstehung altersbedingter Erkrankungen wie Fettleibigkeit und Typ-2-Diabetes beteiligt sind [Carrasco et al. 2022]. Es konnte gezeigt werden, dass die direkte Beeinflussung der Entzündungswege bei Mäusen zu einer Verjüngung des Gewebes führt und das Überleben positiv beeinflusst [Desdin-Mico et al. 2020]. 

Die Abteilungen Antebi und Schaefer erforschen den Zusammenhang zwischen Immunsystem und Alterung.

12. Gestörte Darmflora (Dysbiose)

Der menschliche Körper wird von einer Vielzahl von Mikroorganismen wie Bakterien, Pilzen, Protisten und Viren besiedelt, die zusammen als Mikrobiom bezeichnet werden. Man schätzt, dass auf jede menschliche Zelle mindestens eine nichtmenschliche Zelle in unserem Körper kommt.

Mikroorganismen leben auf unserer Haut und in unseren Körperflüssigkeiten, aber die meisten von ihnen befinden sich in unserem Verdauungstrakt und werden daher als Darmmikrobiom bezeichnet. Das Darmmikrobiom hat eine wichtige Funktion für unseren Körper: Mikroorganismen helfen bei der Verdauung von Nahrung, produzieren lebenswichtige Vitamine, prägen unser Immunsystem und helfen bei der Abwehr von Krankheitserregern. Die Zusammensetzung des Darmmikrobioms ist dynamisch und hängt von Umweltfaktoren wie Ernährung oder Stress ab. Zudem verändert sich die Zusammensetzung mit dem Alter.

Während junge, gesunde Menschen ein komplexes Mikrobiom mit vielen verschiedenen Bakterienarten haben, nimmt die Vielfalt mit dem Alter ab, und das Mikrobiom älterer Menschen ist weniger komplex und durch die Anwesenheit von mehr pathogenen Bakterien gekennzeichnet [Ghosh et al. 2022]. Interessanterweise finden sich bei sehr alten Menschen, den so genannten Supercentenarians, Mikroben, die normalerweise nur bei jüngeren Menschen vorkommen, was darauf hindeutet, dass sie ein gesünderes Mikrobiom haben [Wilmanski et al. 2021]. Ob die beobachteten Veränderungen im Darmmikrobiom nur ein Zeichen des Alterns sind oder ob sie ursächlich zum Altern des Menschen beitragen, ist noch eine offene Frage. Jüngste Ergebnisse unseres Instituts mit dem Killifisch Nothobranchius furzeri deuten darauf hin, dass das Darmmikrobiom in der Tat eine ursächliche Rolle bei der Alterung spielen könnte. In ihrem Experiment konnten die Forscher zeigen, dass die Übertragung des Darmmikrobioms von jungen auf mittelalte Fische ausreicht, um deren Lebensspanne zu verlängern [Smith et al. 2017]. 

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Quellenangaben:

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